Genossenschaftsregister führen: Anforderungen an die Verwaltung

Ein Genossenschaftsregister zu führen ist eine der Hauptaufgaben der Verwaltung. Je nach Typ des Genossenschaftsregisters variieren die Voraussetzungen zur Führung. Nachfolgend erklären wir die gesetzlichen Anforderungen an die Verwaltung bei der Führung des Genossenschafterverzeichnisses, des Verzeichnisses der wirtschaftlich Berechtigten und des Verzeichnisses der haft- und nachschusspflichtigen Genossenschafter.

Inhaltsverzeichnis

I. Verwaltung der Genossenschaft

1. Allgemeines

Die Verwaltung ist das geschäftsführende Leitungsorgan, das die Genossenschaft gegenüber Dritten vertritt (Art. 902 OR). Sie setzt sich aus mindestens drei Mitgliedern zusammen. Die Mehrheit davon muss aus den Genossenschaftern bestehen (Art. 894 Abs. 1 OR). Die Statuten können regeln, dass eine grössere Anzahl als die Mehrheit oder sogar sämtliche Mitglieder der Verwaltung Genossenschafter sein müssen.

Die interne Organisation der Verwaltung ist im Gesetz nicht geregelt. Die Verwaltungsmitglieder oder die Generalversammlung müssen einen Verwaltungspräsidenten und einen Sekretär wählen. Der Verwaltungspräsident hat eine bedeutende Rolle. In dringenden Fällen fasst er selbstständig Entschlüsse und trifft Anordnungen, die die gesamte Verwaltungsmitglieder nachträglich genehmigen müssen. Zudem müssen die Verwaltungsmitglieder die Zeichnungsberechtigung bestimmen (Einzel- oder Kollektivunterschrift zu zweien).

Es gilt ein Kopfstimmprinzip. D.h. bei der Beschlussfassung hat jedes Verwaltungsmitglied nur eine Stimme. Ein Mehrfachstimmrecht ist ausgeschlossen. Zulässig ist aber bei Stimmgleichheit den Stichentscheid dem Präsidenten zu zuweisen. Dies bedarf einer ausdrücklichen Bestimmung in den Statuten.

Die Mitglieder der Verwaltung sind in das Handelsregister einzutragen (Art. 87 Abs. 1 lit. k HRegV). Eintragungspflichtig sind ausserdem alle weiteren natürlichen Personen, die zur Vertretung der Genossenschaft befugt sind (Art. 87 Abs. 1 lit. l HRegV).

2. Pflicht zur Führung des Genossenschafterverzeichnisses

Das Gesetz verlangt, dass jede Genossenschaft ein Verzeichnis über alle Genossenschafter führt (Genossenschafterverzeichnis). Sind die Gesellschafter zur persönlichen Haftung oder zu Nachschüssen verpflichtet, muss die Genossenschaft sie in einem speziellen Register erfassen (Verzeichnis der haft- und nachschusspflichtigen Genossenschafter). Ausserdem besteht für nicht börsenkotierte Genossenschaftsbanken eine Pflicht zur Führung vom Verzeichnis der wirtschaftlich berechtigten Personen (Verzeichnis der wirtschaftlich Berechtigten).

Die Führung der Verzeichnisse obliegt der Genossenschaft. Infolge der Kompetenzordnung ist das die Aufgabe der Verwaltung (Art. 898, 899 und 902 Abs. 3 OR).

Der Art. 902 Abs. 3 Nr.1 OR besagt:

Die Verwaltung ist dafür verantwortlich, dass ihre Protokolle und diejenigen der Generalversammlung, die notwendigen Geschäftsbücher sowie das Genossenschafterverzeichnis geführt werden.

Die Verwaltung kann die oben genannten Register selber führen oder die Verzeichnisführungspflicht an die Geschäftsleitung oder deren einzelne Mitglieder (Delegierte oder Direktoren) delegieren.

3. Form und Gestaltung der Register

Das Gesetz verlangt keine konkrete Form der Genossenschaftsregister. Unabhängig vom Registertyp kann die Verwaltung das jeweilige Verzeichnis in Papierform (als Buch, Loseblatt oder Kartothek) oder digital führen. Beim Verzeichnis der haft- und nachschusspflichtigen Genossenschafter ist eine digitale Version bevorzugt. Diese muss die Verwaltung beim Handelsregisteramt elektronisch einreichen.

Auch die Darstellungsform kann die Verwaltung frei wählen. Empfehlenswert wäre ein Genossenschafterregister mit einem Blatt beziehungsweise einer Zeile pro Genossenschafter.

Die Verwaltung kann jedes Register getrennt führen oder mit dem obligatorischen Genossenschafterverzeichnis kombinieren. Im Fall einer Kombination muss die Verwaltung im Genossenschafterverzeichnis einen Vermerk über die haft- und nachschusspflichtigen Genossenschafter oder gegebenenfalls über die der Genossenschaft gemeldeten wirtschaftlich berechtigten Personen machen.

II. Anforderungen an die Verwaltung hinsichtlich der Führung des Genossenschaftsregisters

1. Überblick: Pflichten je nach Registertyp

Mit jedem Registertyp sind entsprechende Führungspflichten der Verwaltung verbunden.

Pflichten der Verwaltung je nach Registertyp
Pflichten der Verwaltung Genossenschafterverzeichnis Verzeichnis der wirtschaftlich Berechtigten Verzeichnis der haft- und nachschusspflichtigen Genossenschafter
Führung und Aktualisierung vom Verzeichnis (elektronische Führung: Besonderheiten) Art. 837 OR Art. 14 Abs. 2 BankG Art. 877 OR
Aufbewahrung von Verzeichnis und Belegen (Aufbewahrung und Vernichtung) Art. 837 Abs. 2 OR
10 Jahre nach der Streichung der Person aus dem Register
Art. 837 Abs. 2
i.V.m. Art. 697l Abs. 3 OR
10 Jahre nach der Streichung der Person aus dem Register
Art. 166 HRegV
- Nach der Eintragung ins Tagesregister (Teil des Handelsregisters, elektronisches Verzeichnis aller Einträge in chronologischer Reihenfolge): 30 Jahre (Art. 166 Abs. 1 HRegV)
- Nach der Löschung aus dem Handelsregister: 10 Jahre (Art. 166 Abs. 2 HRegV)
Aufbewahrung von Beitrittserklärungen und Aufnahmeentscheiden Art. 840 OR Art. 840 OR
(Beitrittserklärung muss ausdrückliche Informationen darüber enthalten, dass die persönliche Haftung / Nachschusspflicht der Genossenschafter besteht)
Ermöglichung des Zugriffs für die Behörden Art. 837 Abs. 1 S. 2 OR Art. 837 Abs. 1 S. 2 i.V.m. Art. 697l Abs. 4 OR Die Daten aus dem Verzeichnis werden nicht ins Handelsregister eingetragen, aber stehen zur Einsicht offen (Art. 88 Abs. 2 HRegV)
Vertretung in der Schweiz (mit Zugriff aufs Verzeichnis) Art. 898 i.V.m. Art. 837 OR
Einreichung des Verzeichnisses an das HRA Art. 88 HRegV
Meldung der Ein- und Austritte der Genossenschafter beim HRA Art. 877 Abs. 1 OR
Verzeichnis prüfen lassen Art. 907 OR

2. Genossenschafterverzeichnis nach Art. 837 OR

a) Führung und Aktualisierung des Verzeichnisses

Die Verwaltung nimmt sämtliche Mitglieder der Genossenschaft in ein Register auf (Genossenschafterverzeichnis). Dieser Pflicht unterliegen alle Schweizer Genossenschaften. Im Genossenschafterverzeichnis registriert die Verwaltung den Vor- und den Nachnamen oder die Firma sowie die Adresse der Gesellschafter (Art. 837 Abs. Abs. 1 S. 1 OR). Neben den Pflichtangaben sind auch weitere Informationen im Genossenschafterverzeichnis sinnvoll, beispielsweise Geburtsjahr, E-Mail-Adresse, Telefon oder Staatsangehörigkeit des Genossenschafters.

b) Aufbewahrung von Verzeichnis und Belegen

Aufbewahrungspflicht

Die Belege, die einer Eintragung in das Genossenschaftsverzeichnis zugrunde liegen, muss die Verwaltung während zehn Jahre nach der Streichung des Genossenschafters aus dem Register aufheben (Art. 837 Abs. 2 OR).

Dabei handelt es sich um die schriftlichen Beitrittserklärungen der Genossenschafter, die Aufnahmeentscheide der Verwaltung, die Genossenschaftsbeschlüsse oder beispielsweise die Kopien von Identifikationsnachweisen.

Aufbewahrung von Beitrittserklärungen und Aufnahmeentscheiden

Zum Beitritt zu einer Genossenschaft bedarf es einer schriftlichen Erklärung, Beitrittserklärung (Art. 840 Abs. 1 OR). Potentielle Genossenschafter legen bei der Verwaltung ein unterzeichnetes Aufnahmegesuch vor. Über die Aufnahme der neuen Mitglieder entscheidet die Verwaltung. Die Statuten können jedoch vorsehen, dass eine blosse Beitrittserklärung genügt oder ein Beschluss der Generalversammlung zur Aufnahme nötig ist (Art. 840 Abs. 3 OR). Falls eine blosse Beitrittserklärung nicht ausreichend ist, muss die Verwaltung einen Aufnahmeentscheid fassen.

Die unterschriebenen Beitrittserklärungen sowie Aufnahmeentscheide respektive Beschlusse der Generalversammlung bewahrt die Verwaltung sicher auf.

Ausführliche Informationen zur Beitrittserklärung und zum Aufnahmeverfahren finden Sie in unserem Artikel Artikel “Beitrittserklärung: Wie wird man Genossenschaftsmitglied?”.

Aufbewahrungsform

Zu der Art der Aufbewahrung äussert sich der Gesetzgeber nicht. Die Verwaltung muss die Unterlagen nicht zwingend in Papierform aufbewahren. Das Verzeichnis und die Belege können digitalisiert werden.
Die Digitalisierung der Dokumente ist zulässig, wenn die Verwaltung:
- die Belege jederzeit wieder lesbar machen und
- die Übereinstimmung mit den zugrunde liegenden Geschäftsvorfällen und Sachverhalten gewährleisten kann (Art. 958f Abs. 3 OR).

c) Ermöglichung des Zugriffs für die Behörden

Die Verwaltung hat das Genossenschafterverzeichnis so zu führen, dass die Schweizer Behörden jederzeit darauf zugreifen können (Art. 837 Abs. 1 S. 2 OR). Insbesondere Strafverfolgungs- und Steuerbehörden können die Einsichtnahme ins Verzeichnis verlangen.

d) Vertretung in der Schweiz

Eine Person mit Wohnsitz in der Schweiz muss die Genossenschaft vertreten. Diese Person muss den Zugang zum Genossenschafterverzeichnis haben (Art. 898 i.V.m. Art. 837 OR).

Wer kann ein Vertreter sein?

Ein Mitglied der Verwaltung, Geschäftsführer oder Direktor kann die Genossenschaft vertreten.

Falls die Statuten eine Delegation der Geschäftsführung und der Vertretung an Dritte vorsehen, erhalten die Geschäftsführer und Direktoren die entsprechenden Rechte und Pflichten (Art. 902 und 899 OR). Eine Missachtung oder Verletzung dieser Pflichten führt zur Verantwortung gegenüber der Genossenschaft für den entstandenen Schaden (Art. 916 OR).

Dennoch ist die Verwaltung verpflichtet, die Tätigkeit des Geschäftsführers zu kontrollieren, falls sie die gesamte Geschäftsführung delegiert hat (Art. 897 und 902 OR).

3. Verzeichnis der wirtschaftlich Berechtigten

a) Allgemeines

Wirtschaftlich berechtigte Person

Im Aktienrecht gilt als wirtschaftlich Berechtigter eine Person, die alleine oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten Aktien einer nicht börsenkotierten Gesellschaft erwirbt und dadurch den Grenzwert von 25% des Aktienkapitals oder der Stimmrechte erreicht oder überschreitet (Art. 697j Abs. 1 OR). Diese Regelung findet analoge Anwendung in Hinsicht auf nicht börsenkotierte Genossenschaftsbanken.

Genossenschaftsbanken mit nicht börsenkotierten Beteiligungsscheinen

Seit 1. Januar 2020 können die Genossenschaftsbanken in ihren Statuten die Aufnahme von Beteiligungskapital vorsehen (Art. 11 Abs. 2bis sowie Art. 14 und 14b BankG). Das Beteiligungskapital ist in Teilsumme (Beteiligungsscheine) zu zerlegen (Art. 14 Abs. 1 BankG). Die Genossenschaft händigt die Beteiligungsscheine gegen Einlage aus. Die Beteiligungsscheine haben einen Nennwert, aber begründen keine Mitgliedschaft (Art. 14 Abs. 1 S. 3 BankG). D.h. mit dem Erwerb der Beteiligungsscheine wird der Kandidat nicht zum Genossenschafter, sondern ihm stehen ausschliesslich die Vermögensrechte zu. Die Genossenschaftsbank kann jedoch ihre Beteiligungsscheine ausschliesslich unter ihren Gesellschaftern verteilen. In diesem Fall ist ein Beteiligungsscheininhaber gleichzeitig Genossenschafter.

Die Beteiligungsscheine kann die Genossenschaftsbank entweder über eine Börse oder ausserbörslich ausgeben. Handelt es sich um nicht börsenkotierte Beteiligungsscheine, hat die Genossenschaft zusätzliche Verzeichnisführungspflichten. Neben dem Genossenschafterverzeichnis, in welches alle Mitglieder einzutragen sind, muss die Verwaltung einer nicht börsenkotierten Genossenschaftsbank ein Verzeichnis der wirtschaftlich Berechtigten führen (Art. 14b Abs. 2 BankG).

Verzeichnis der wirtschaftlich Berechtigten

Generell muss eine Genossenschaft kein Verzeichnis der wirtschaftlich Berechtigten führen. Denn eine Genossenschaft hat mindestens sieben Mitglieder und es gilt das Kopfstimmprinzip. Aufgrund dessen ist es nicht möglich, dass ein Genossenschafter alleine 25% der Stimmrechte bekommt. Das Stimmgewicht bleibt unberührt, auch wenn der Gesellschafter 25% oder mehr Anteilsscheine erwirbt.

Ein Ausnahmefall stellen jedoch die Genossenschaftsbanken, deren Beteiligungsscheine auf einer Börse nicht kotiert sind. Diese Genossenschaftsbanken müssen alle ihnen gemeldeten wirtschaftlich berechtigten Personen in ein besonderes Register aufnehmen.

Die Genossenschafter und Beteiligungsscheininhaber, die den Grenzwert von 25% der Stimmen oder Beteiligungsscheine erreichen oder überschreiten, müssen der Verwaltung innert eines Monats eine natürliche Person melden, für die sie letztendlich handeln. Es kann der Gesellschafter selbst oder eine Drittperson sein.

Die Verwaltung trägt die wirtschaftlich Berechtigten ins Verzeichnis der wirtschaftlich Berechtigten ein (Art. 697l OR). Es muss nicht unbedingt ein gesondertes Register sein. Ausreichend ist, eine entsprechende Spalte im Genossenschafterverzeichnis zu führen.

Genossenschafter vs. Beteiligungsscheininhaber

Ins Genossenschaftsregister sind die Inhaber von Beteiligungsscheinen und die wirtschaftlich berechtigten Personen einzutragen. Es bereitet keine Schwierigkeiten, wenn die Genossenschaft ihre Beteiligungsscheine ausschliesslich an die Gesellschafter ausgibt. Problematisch wird es, wenn auch Nicht-Genossenschafter die Beteiligungsscheine erwerben (Art. 14b Abs. 2 BankG). Dann muss die Verwaltung die Beteiligungsscheininhaber, die keine Mitglieder der Genossenschaft sind, neben den Genossenschaftern in einem Genossenschafterverzeichnis erfassen.

b) Führung und Aktualisierung des Verzeichnisses der wirtschaftlich Berechtigten

Wie oben bereits erwähnt steht es der Verwaltung zur freien Wahl, ob sie das Verzeichnis der wirtschaftlich Berechtigten und das Genossenschafterverzeichnis separat oder zusammen führt. Die Rechtsanwältin der Züricher Kanzlei Losinger Rechtanwälte Sabine Kilgus und die Rechtsanwältin Nadja Fabrizio empfehlen das Genossenschafterverzeichnis wenigstens in drei Spalten zu trennen: „Genossenschafter“, „Beteiligungsscheininhaber“ und „wirtschaftlich berechtigte Personen“. Andernfalls kann die Verwaltung drei voneinander unabhängige Register führen, je eins pro Kategorie. Dies ist insoweit wichtig, weil die Beteiligungsscheininhaber den Genossenschaftern in dieser Hinsicht rechtlich nicht gleichgestellt sind. Teilt ein Genossenschafter der Verwaltung die erforderlichen Daten über den wirtschaftlich Berechtigten nicht mit, erleidet er keine rechtlichen Nachteile. Im Gegensatz dazu ruhen die Vermögenrechte eines Beteiligungsscheininhabers, bis er seiner Meldepflicht nachgeht.

Ins Verzeichnis der wirtschaftlich Berechtigten nennt die Verwaltung den Vor- und Nachnamen sowie die Adresse des wirtschaftlich Berechtigten. Beachten Sie bitte, dass ein wirtschaftlich Berechtigter unbedingt eine natürliche Person sein muss.

Die Verwaltung ist verpflichtet das Verzeichnis der wirtschaftlich Berechtigten zu aktualisieren. Die Gesellschafter müssen jede Änderung des Vor- oder des Nachnamens oder der Adresse innert drei Monaten melden (Art. 697j Abs. 4 OR).

c) Aufbewahrung von Verzeichnis und Belegen

Wie auch das Genossenschafterverzeichnis muss die Verwaltung das Verzeichnis der wirtschaftlich Berechtigten und die einer Eintragung zugrunde liegenden Belege während zehn Jahren nach der Streichung der Person aus dem Verzeichnis aufbewahren (Art. 697l Abs. 3 OR). Nähere Informationen zur Aufbewahrung entnehmen Sie dem Punkt Aufbewahrung von Verzeichnis und Belegen.

d) Ermöglichung des Zugriffs für die Behörden

Die Verwaltung hat einen jederzeitigen Zugriff aufs Verzeichnis der wirtschaftlich Berechtigten den betrauten Behörden zu gewährleisten (Art. 837 Abs. 1 S. 2 und Art. 697l Abs. 4 OR). (Näher dazu s. Punkt Ermöglichung des Zugriffs für die Behörden).

e) Vertretung in der Schweiz

Eine Person mit Wohnsitz in der Schweiz muss den Zugang zum Verzeichnis der wirtschaftlich Berechtigten haben (Art. 898 i.V.m. Art. 837 OR). (Näher dazu s. Punkt Vertretung in der Schweiz)

4. Verzeichnis der haft- und nachschusspflichtigen Genossenschafter

a) Führung und Aktualisierung des Verzeichnisses

Möchte eine Genossenschaft ihre Kreditwürdigkeit steigern, kann sie ihre Mitglieder zu einer (un)beschränkten Haftung oder zu Nachschüssen verpflichten. Ist das der Fall, muss die Verwaltung solche Genossenschafter in einem besonderen Register erfassen, Verzeichnis der haft- und nachschusspflichtigen Genossenschafter (Art. 877 Abs. 1 OR).

Korrekt geführtes Verzeichnis

Das Verzeichnis der haft- und nachschusspflichtigen Genossenschafter ist dann korrekt geführt, wenn es vollständig und richtig ist. Die Verwaltung muss alle Gesellschafter, die gemäss Statuten persönlich beschränkt oder unbeschränkt haften oder einer Nachschusspflicht unterliegen, im Verzeichnis aufführen. Die Mindestangaben sind der Vor- und der Nachname beziehungsweise die Firma sowie die Adresse der Genossenschafter.

b) Anmeldung von Ein- und Austritten beim Handelsregister

Die Verwaltung hat die Ein- und Austritte der Genossenschafter, die einer persönlichen Haftung oder einer Nachschusspflicht unterliegen, frist- und formgerecht beim Handelsregister zu melden. Die Frist für die Meldung beträgt drei Monate (Art. 877 Abs. 1 und 2 OR, Art. 88 HRegV). Ein Mitglied der Verwaltung muss die Mitteilung über den Ein- oder Austritt eines Genossenschafters unterschreiben (Art. 88 Abs. 1 HRegV). Mit der Mitteilung reicht die Verwaltung das aktualisierte Verzeichnis der haft- und nachschusspflichtigen Genossenschafter an das Handelsregisteramt ein. Das angepasste Verzeichnis hat ein Mitglied der Verwaltung zu unterzeichnen.

aa) Digitale Führung des Verzeichnisses

Die Meldung beim Handelsregisteramt muss vorzugsweise in elektronischer Form erfolgen (Art. 88 Abs. 1 HRegV). Insbesondere bei grossen Genossenschaften mit einem breiten Mitgliederkreis ist es empfehlenswert, das Verzeichnis der haft- und nachschusspflichtigen Genossenschafter digital zu führen. Somit können Sie jeden Ein- und Austritt der Genossenschafter mit einem Klick sofort registrieren und die aktualisierte und unterschriebene Version an das Handelsregisteramt versenden. Beachten Sie, dass Sie das digitale Verzeichnis aussliesslich mit einer qualifizierten elektronischen Signatur unterzeichnen dürfen. Das-Genossenschaftsregister.ch unterstützt Sie bei elektronischer Führung des Verzeichnisses der haft- und nachschusspflichtigen Genossenschafter.

bb) Korrekte Nachführung der Eintritte

Die erfolgten Eintritte der Genossenschafter müssen den gesetzlichen und statutarischen Anforderungen entsprechen. Ausserdem hat die Verwaltung sie im Genossenschaftsregister korrekt nachzuführen. D.h. es muss eine schriftliche Beitrittserklärung vorliegen, die Verpflichtungen hinsichtlich der persönlichen Haftung oder der Nachschusspflicht der Gesellschafter explizit enthält (Art. 840 Abs. 1 und 2 OR). Diese hat die Verwaltung aufzubewahren.

Falls gemäss Statuten eine blosse Beitrittserklärung nicht genügt oder ein Beschluss der Generalversammlung nötig ist, muss ein Aufnahmebeschluss der Verwaltung beziehungsweise der Generalversammlung vorhanden sein (Art. 840 Abs. 3 OR).

cc) Korrekte Nachführung der Austritte

Wie bei den Eintritten hat die Verwaltung die Austritte der Genossenschafter korrekt nachzuführen. Diese müssen auch den gesetzlichen und statutarischen Anforderungen entsprechen.

Ein Austritt kann aus verschiedenen Gründen erfolgen:

Ein technischer Austritt erfolgt formlos, falls die Statuten keine besonderen Regelungen diesbezüglich vorsehen. Der Verwaltung obliegt es zu prüfen, ob eine Kündigungsfrist von einem Jahr eingehalten ist und ein Kündigungstermin auf den Schluss des Geschäftsjahres fällt (Art. 844 Abs. 1 OR).

Bei einem Ausschluss des Gesellschafters hat die Verwaltung die Einhaltung der statutarischen Vorgaben beziehungsweise das Vorliegen eines wichtigen Grundes zu kontrollieren (Art. 846 Abs. 1 oder 2 OR). Des Weiteren ist ein Beschluss der Generalversammlung notwendig (Art. 846 Abs. 3 OR).

Falls der Genossenschafter stirbt, erlischt seine Mitgliedschaft automatisch (Art. 847 Abs. 1 OR). Die Statuten können jedoch vorsehen, dass die Erben Mitglieder der Genossenschaft sind (Art. 847 Abs. 2 und 3 OR). Dies hat die Verwaltung zu berücksichtigen.

  • Wegfall einer Beamtung oder eines Vertrages, welche oder welcher mit der Genossenschaft verknüpft ist (Art. 848 OR)

Falls die Statuten keine anderslautenden Bestimmungen enthalten, endet die Mitgliedschaft mit dem Wegfall einer Beamtung oder eines Vertrages automatisch (Art. 848 OR). Die Verwaltung muss die Ablauffrist beachten.

Eine Veräusserung der Mitgliedschaft macht den Erwerber nicht ohne weiteres zum Genossenschafter. Zum Beitritt ist ein Aufnahmebeschluss notwendig (Art. 849 Abs. 1 OR).
Nimmt der Ausgetretene, Ausgeschlossene oder ein Erbe des verstorbenen Genossenschafters die die Eintragung beim Handelsregisteramt von sich aus vor, gibt das Handelsregisteramt der Verwaltung sofort Kenntnis davon (Art. 877 Abs. 2 OR).

c) Aufbewahrung von Beitrittserklärungen und Aufnahmeentscheiden

Die Verwaltung muss die Beitrittserklärungen der haft- und nachschusspflichtigen Genossenschafter aufbewahren. Beachten Sie, dass die Beitrittserklärung die Verpflichtungen der Genossenschafter zur persönlichen (un)beschränkten Haftung oder zum Nachschuss ausdrücklich enthalten muss (Art. 840 Abs. 2 OR). Ein blosser Hinweis auf die Statuten reicht nicht aus.

d) Aufbewahrung von Verzeichnis und Belegen

Die Anmeldungen und Belege sind nach der Eintragung in das Tagesregister während zehn Jahren aufzubewahren (Art. 166 Abs. 1 HRegV). Nach der Löschung der Genossenschaft aus dem Handelsregister können die Anmeldungen, Belege und Verzeichnisse erst nach zehn Jahren gelöscht werden (Art. 166 Abs. 2 HRegV).

e) Ermöglichung des Zugriffs für die Behörden

Im Gegensatz zum Genossenschafterverzeichnis muss das Verzeichnis der haft- und nachschusspflichtigen Genossenschafter nicht für die Behörden zugänglich sein. Zwar stehen die Informationen aus dem Verzeichnis zur Einsichtnahme offen, es erfolgt jedoch keine Eintragung ins Handelsregister (Art. 88 Abs. 2 HRegV).

f) Prüfung des Verzeichnisses

Das Gesetz fordert, dass die Genossenschaften, deren Mitglieder haft- und nachschusspflichtig sind, das Genossenschaftsverzeichnis durch eine Revisionsstelle auf die Korrektheit prüfen lassen (Art. 907 OR). Verfügt die Gesellschaft über keine Revisionsstelle, muss sie sich an einen Revisor wenden, der durch das Revisionsaufsichtsgesetz (RAG) zugelassen wurde.

Der Prüfung unterliegt ausschliesslich das Verzeichnis der haft- und nachschusspflichtigen Genossenschafter. Das Genossenschafterverzeichnis, in welches sämtliche Genossenschafter einzutragen sind, und Verzeichnis der wirtschaftlich Berechtigten betrifft die Prüfungspflicht nicht.

Die Revisionsstelle (oder der Revisor) prüfen das Verzeichnis nach zwei Kriterien. Einerseits wird kontrolliert, ob die Ein- und Austritte der jeweiligen Genossenschafter korrekt nachgeführt werden. Andererseits prüft die Revisionsstelle (Revisor), ob die Meldungen der Ein- und Austritte an das Handelsregisteramt rechtzeitig und formgerecht erfolgt sind.

Die Verwaltung hat zu beachten, dass die Prüfung sowohl lückenlos als auch stichprobeweise erfolgen kann. Dies liegt im Ermessen der Revisionsstelle beziehungsweise des Revisors.

5. Strafrechtliche Sanktionen

Die Nichteinhaltung der oben genannten Anforderungen an die Führung der Genossenschaftsregister ist strafbar. Bei nicht gesetzesmässiger Führung von Genossenschafterverzeichnis und Verzeichnis der wirtschaftlich Berechtigten droht der Verwaltung eine Busse bis zu CHF 10‘000 (Art. 327a lit. c StGB). Übersteigt die Busse CHF 5‘000, werden die Mitglieder der Verwaltung ins Strafregister eingetragen.

Eine Genossenschaftsbank, die das Verzeichnis der wirtschaftlich Berechtigten nicht oder nicht korrekt führt, kann zudem im schlimmsten Fall mit einer Auflösung der Gesellschaft aufgrund des Organisationsmangels rechnen (Art. 908 i.V.m. Art. 731b Abs. 1 Ziff. 3 OR).

Eine nicht ordnungsgemässe Führung des Verzeichnisses der haft- und Nachschusspflichtigen Genossenschafter ist strafbar. Für die Nichtmeldung beim Handelsregisteramt kann die Verwaltung bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bekommen (Art. 153 StGB). Des Weiteren muss die Verwaltung der Genossenschaft einen Schadensersatz erstatten (Art. 916 und 41 ff. OR).

Damit die Verwaltung sich nicht strafbar macht, muss sie alle drei Genossenschaftsregister korrekt führen und rechtzeitig aktualisieren. Mit Das-Genossenschaftsregister.ch können Sie sicher sein, dass Ihr Genossenschafterverzeichnis allen gesetzlichen Anforderungen entspricht und die Daten der Genossenschafter ständig aktuell sind.

III. Fazit

In Abhängigkeit vom Registertyp unterscheiden sich die Pflichten der Verwaltung hinsichtlich der Führung der Genossenschaftsregister. Die Anforderungen an die Führung des Genossenschafterverzeichnisses und des Verzeichnisses der wirtschaftlich Berechtigten sind fast identisch. Der Unterschied liegt daran, dass die Eintragung der wirtschaftlich berechtigten Personen ins Verzeichnis nicht aufgrund der Beitrittserklärung erfolgt, sondern durch die Meldung des Genossenschafters oder des Beteiligungsscheininhabers.

Bei der Führung des Verzeichnisses der haft- und nachschusspflichtigen Genossenschafter entstehen zusätzliche Pflichten. Die Verwaltung muss unter anderem das Register an das Handelsregisteramt einreichen, jeden Ein- und Austritt der Genossenschafter beim Handelsregisteramt melden sowie das Verzeichnis durch eine Revisionsstelle oder einen Revisor prüfen lassen.


Literatur:

Geschrieben von Anna Sokolova


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